Frühjahrsschau vom 27.04. bis 28.04.2019 in Schwefe:
Bereits zum neunten Mal führten wir eine gemeinsame Frühjahrsschau durch, diesmal wieder in Schwefe bei unserem Zuchtfreund Andreas Brinkmann. Für mich stellte diese Schau wieder etwas Besonderes dar. Der Zeitpunkt mit Ende April hatte sich, trotz kurzzeitigem Wetterumschwung, dennoch als dankbar erwiesen. Der Zuschauerzuspruch am Sonntag zeigte dies wieder deutlich. Mich fasziniert das Richten der Kräher im Freien, am frühen Morgen bei aufgehender Sonne. Diese urige Atmosphäre hat man auch nicht immer. Ein tolles Gefühl, was mich schon vor Jahren an gleicher Stelle begeistert hat. Nach den doch leider geringen Meldezahlen in 2017 und 2018 konnte sich diesmal die Kräherzahl wahrlich sehen und „hören“ lassen. Die im Sonderverein angewandte Kombibewertung aus Leistung und Schönheit wird immer mehr verfeinert und hat sich bewährt. Erleben Sie einmal hautnah was unsere wunderbare Tierwelt alles bietet. Ohne Zweifel sind die Langkräherrassen dabei eine Besonderheit. Wichtig ist uns, das traditionelle alte Kulturgut zu bewahren und die Rassen die selbst in ihren Herkunftsländern in den letzten Jahren immer seltener werden, zu fördern. Primäres Ziel ist es dabei, den charakteristischen „Gesang“ der Hähne zu erhalten. Tatsächlich war dies jahrhundertelang der wichtigste Aspekt, neben der Eierproduktion. Der Hahn übernahm eine wichtige Funktion im Kulturkreis mit deutlich mehr Anerkennung als heute.
Koeyoshi (7,4):
Warum die Koeyoshi so wenig Züchter finden ist mir nach wie vor ein Rätsel. Sicherlich ist die Zucht anspruchsvoll, aber wenn man die Hähne von Brinkmann, Marschall und vor allem van Looveren am Sonntag gesehen hat sieht man das es geht. Vor allem die Althähne begeisterten. Die beiden Hähne von van Looveren standen nebeneinander im Käfig wie „Zwillinge“ und krähten auch so. Da gab es keine gravierenden Unterschiede v97 und hv96 waren absolut verdient. Zudem noch mit Krährufen von über 10 Sekunden. Der Althahn von Marschall stand mit hv96 auf gleichem Niveau, zeigte aber den schwächeren Krähruf, zwar sehr tief wie es sein muss, aber etwas kürzer mit lediglich 8 Sekunden. Aber auch die Junghähne von Brinkmann wussten zu überzeugen. Noch etwas schwächer im Körper, was aber nicht negativ zu sehen ist aufgrund der längeren Entwicklungszeit der Rasse, zeigten sich mit 93 bis 95-er Punktzahl ebenfalls im Soll. Der letztere Hahn überzeugte zudem mit einem Gesang von fast 13 Sekunden, vorbildlich. Farblich gibt es fast nichts mehr auszusetzen. Die Schilfanteile der letzten Jahre verschwinden immer mehr, die Kehllappen sollten jedoch wieder etwas reduzierter sein. Sonst geht es aber in die richtige Richtung. Die 4 Hennen zeigten sich ebenfalls ansprechend. Hier ist jedoch der Unterschied von Alt- und Jungtieren noch deutlicher. Die Althenne von Brinkmann zeigte mit v97 alles was die Rasse verkörpern soll. Hier können Junghennen oftmals „noch“ nicht mithalten. Lediglich eine Henne fiel mit schmalem Körper und Kopf aus dem sonst einheitlichen Bild.
Tomaru (6,4):
Hinsichtlich der Anzahl war dies das Highlight der letzten 15 Jahre. Aber auch und vor allem die Qualität stimmte wieder. Zuchtfreund Eberhard hat es geschafft, das einstige Sorgenkind, die Tomaru, durch züchterisches Können wieder zu stabilisieren und kümmert sich rührig um die Verteilung dieser attraktiven Rasse. Mit Luk van Looveren hat er nun einen Mitstreiter gefunden, der sich ebenfalls voller Hingabe und mit Erfolg der Rasse widmet. Die Kollektion von Eberhard zeigte sich ausgewogen im Gesamtbild, dennoch stach ein Junghahn mit hv96 sowie eine Junghenne mit v97 deutlich hervor. Insgesamt ist die Feder noch fester und glatter geworden. Die Tiere haben auch wieder mehr Körpervolumen, die Hennen das charakteristische schwarze Gesicht. Bei den Hähnen ist etwas auf die Oberlinie zu achten. Der in der Federfülle überragende Hahn von Looveren zog schon etwas zu stark an im Abschluss. Auch sollte die Augenfarbe noch typischer sein. Dennoch insgesamt ein erfreuliches Ergebnis, kein Tier lag unter sg. Auch die Krährufe stabilisieren sich. Mit 15 Sekunden zeigte der 1,0 von Eberhard was derzeit möglich ist. Aber auch die übrigen Hähne mit 11 Sekunden konnten sich „hören“ lassen. Wir wissen, dass noch der ein oder andere Züchter im „Verborgenen schlummert“ und wertvolles für die Arterhaltung leistet. Dennoch rufen wir auf, dass sich die Züchter im SV melden um das züchterische Know-How weiter zu bündeln und sich gegenseitig zu helfen.
Totenko (7,6):
Lediglich ein g92-Vertreter (zu unfertig in der Abschlussfeder) fiel im Gesamtbild etwas aus dem Rahmen, die restlichen Hähne überzeugten wieder einmal. Die Zuchten von Pietschmann, Lippe und Brinkmann präsentierten sich auf gewohnt hohem Niveau. Formen, Kopfpunkte und auch die farblichen Anforderungen stimmten und boten wenig Anlass zur Kritik. Wünsche in der Federfülle sowie in den Kopfpunkten waren zu verschmerzen. Insgesamt eine sehr gute Kollektion in der der v97 Hahn von Pietschmann die Spitze zeigte, gefolgt vom hv96 Hahn (Lippe). Die übrigen Hähne zeigten mit sg 94 und 95 gleichbleibende Qualität. Sehr einheitlich in der Form zeigten sich auch die Hennen. Lediglich eine Henne fiel aufgrund zu schwacher Lachsbrustfarbe ab. Die übrige Hennen zeigten hohes sg-Niveau, die Spitzenhenne zeigte sich edel in allen Rassemerkmalen (hv96 Lippe). Als Gesamtsieger bei den Totenko ging in diesem Jahr Zuchtfreund Lippe hervor. Sein Junghahn überzeugte mit einer Gesangsleistung von über 15 Sekunden. Mit gleicher Krähleistung lag der Hahn von Pietschmann fast gleichauf, jedoch überzeugte der Siegerhahn durch einen noch rassetypischeren Melodiebogen im Ruf. Ein Merkmal welches ebenfalls züchterisch nicht vernachlässigt werden sollte. Bei aller Ruflänge muss ein Krähruf auch harmonisch und wohlklingend sein. Dies zeigt auch wieder wie anspruchsvoll die Zucht ist, der Phänotyp alleine genügt nicht.
Denizli (8,2):
Die goldenen waren lediglich mit 2,0 vertreten weil Altmeister Periquet aus Frankreich fehlte. Dennoch zeigten die beiden Hähne vor Ort den Zustand gut. Der sg93 Hahn von Zuchtfreund Kruse zeigte sich zwar mit etwas losem Kammblatt und flacher Brustpartie, überzeugte aber mit einem Krähruf von über 16 Sekunden, somit ist er für die Zucht sehr wertvoll. Die silbernen zeigten sich in hervorragender Qualität. Zwischen sg94 und hv96 (Marschall) pendelnd kann ich mich nicht an eine derart hochwertige Kollektion in den letzten Jahren erinnern. Als Wünsche wurden wie immer etwas geordnetere Abschlüsse und auch glattere Kehllappen gefordert. Hier wäre es jedoch, wie bereits oft erwähnt, nicht zielführend die hohen Standards des übrigen Rassegeflügels anzusetzen. Seit Jahrzehnten zeigt sich, dass es schwierig und mit Berücksichtigung der Krähruflänge fast unmöglich ist, Tiere mit dem perfekten Kehllappen im Käfig zu sichten. Hier ist einfach Fingerspitzengefühl gefragt. Als Wunsch kann man dies immer formulieren, aber bei einem Mangel sollte man vorsichtig sein sonst verschwindet die Rasse. Den längsten Ruf mit über 25 Sekunden zeigte ein Hahn von Lippe. Dennoch lag Zuchtfreund Marschall mit seinem insgesamt harmonischeren Hahn doch leicht in der Kombibewertung vorne.
Leider fehlten wiedereinmal die schwarzen Denizli, schade waren sie doch vor etwa 10 Jahren noch eine Augenweide und ein Beispiel, dass die doch sehr urige Rasse auch optisch ein „Hingucker“ ist. Als schöner Abschluss wurden zum wiederholten mal die Ayam Ketawa präsentiert. Mittlerweile haben sich die „Lachhühner“ gut verbreitet und die Tiere wirken harmonischer als noch vor Jahren. Bereits mehrmals in der Vergangenheit wurden auch die Kosovo-Kräher vorgestellt. Und dieses Mal präsentierten sie ihren Krähruf. Zuchtfreund Beckmann zeigte einen ansprechenden Hahn mit einer Gesangsleitung von deutlich über 30 Sekunden. Und was besonders daran verblüfft, der Krähruf ist nicht laut, ja fast kaum hörbar. Ähnlich wie bei den Koeyoshi zeigt sich, dass Hähnekrähen beruhigend wirken kann. Wir wollen den Gesang der Tiere „erhalten“. Dennoch bleibt die Sorge der letzten Jahre bestehen. Man muss feststellen, dass sich je Rasse und Farbschlag lediglich 3 Züchter aktiv und enthusiastisch im SV um die Erhaltung kümmern, das ist zu wenig!!!
Die Zuchttierbestandserfassung des BDRG zeigt, dass sich bei den Kräherrassen noch der ein oder andere aktive Züchter mit diesen faszinierenden Rassen beschäftigt. All denen gilt, haben Sie Mut, sprechen Sie uns an und werden Sie Teil der „Kräherfamilie“. Uns wird immer mehr bewusst, dass das Thema Arterhaltung das primäre Ziel vor allem für die etwas ungewöhnlichen Rassen sein wird. Wenn wir hier nicht alle Kompetenzen bündeln und zusammenarbeiten werden viele Rassen in den nächsten Jahren verschwinden und das wäre der „Worst Case“. Daher nochmal unser Aufruf, helfen Sie mit diese „Perlen der Natur“ zu erhalten und weiter zu fördern. Ich hoffe, dass der ein oder andere Neuzüchter den Weg in den Sonderverein findet um diese Kulturgüter, die mittlerweile auch in ihren Ursprungsländern seltener werden, erhalten zu können. Daher sollte die Züchterschaft noch weiter zusammenrücken.
Bericht: Dr. Andreas Weiß